Die soziale Bedeutung von Video-Streaming – Ein Interview mit Régis Werlé

Das Interview mit Régis Werlé, Geschäftsführer der Alchimie GmbH (u. a. Watch it! TV)

Aktuelle repräsentative Umfragen zeigen, dass das Video-Streaming in deutschen Wohn- und Medienzimmern immer wichtiger wird, vor allem als soziales Event für Familien und Freunde. 75 Prozent, also drei Viertel der befragten Deutschen, streamen Filme, Serien oder Dokumentationen regelmäßig gemeinsam. Der kollektive Streamingabend als soziales Ereignis übernimmt immer mehr die Funktion der damaligen gemeinschaftlichen Samstagabende vor dem Fernseher mit der Familie. Immer häufiger liest man zudem von einem „digitalen Lagerfeuer“, an welchem Freunde und Verwandte zusammenkommen, um gemeinsam Videos anzusehen, zu kommentieren und darüber zu diskutieren.

Wir haben uns kürzlich mit Régis Werlé getroffen, seit 2008 Geschäftsführer der Alchimie GmbH in Düsseldorf, unter anderem bekannt für den Subscription-Video-on-Demand-Streamingdienst Watch it! TV. Régis Werlé ist ein erfahrener Digital Pioneer und Experte in puncto Video-Content und Streamingdienste. Mit tagesblog hat er über die Bedeutung von Video-Streaming in der heutigen Zeit gesprochen.

 

Herr Régis Werlé, vielen Dank, dass sie sich die Zeit für ein weiteres Interview mit uns genommen haben. Beim letzten Mal haben wir über individuelles Management gesprochen, dieses Mal soll es allerdings um ihr anderes Fachgebiet gehen: Videostreaming und dessen Bedeutung in der heutigen Zeit, besonders aus sozialer Sicht.

Régis Werlé: Einen wunderschönen guten Tag erst einmal. Ich freue mich, wieder eingeladen worden zu sein. Vielen Dank dafür.

 

Sehr gerne. Herr Régis Werlé, möchten sie sich all unseren Leserinnen und Lesern, die von ihnen vielleicht noch nichts gehört haben, einmal kurz vorstellen?

Régis Werlé: Gerne doch. Ich heiße Régis Werlé, stamme ursprünglich aus Frankreich und bin seit mehr als 14 Jahren der stolze Geschäftsführer der Alchimie GmbH aus Düsseldorf. Nebenbei bin ich außerdem der Gründer des Düsseldorfer Management Forum, bin als Berater und Coach für diverse Unternehmen aktiv und schaue auf mehr als ein Vierteljahrhundert im Managementsektor zurück.

 

Als Betreiber von Watch it! TV sind sie und die Alchimie GmbH ja zwangsläufig Experten im Bereich Videostreaming, vor allem in Bezug auf Video-on-Demand (VoD) und Subscription-Video-on-Demand (SVoD). Wie beurteilen sie die Entwicklung von Videostreaming, Herr Werlé?

Régis Werlé: Sowohl als CEO der Alchimie GmbH als auch als Privatperson nehme ich diese Entwicklung mit sehr großer Freude zur Kenntnis. Auch wenn ich darüber an sich kaum überrascht bin. Es zeigt, dass VoD, SVoD und das Streamen von Videos nicht nur Teil eines temporären Trends waren, sondern gekommen sind, um zu bleiben.

 

Könnten sie das etwas genauer erklären, Herr Werlé?

Régis Werlé: Sehr gerne. Sie und viele ihrer Leserinnen und Leser erinnern sich sicherlich noch an gemeinsame Abende, hauptsächlich an den Wochenenden, vor dem Fernseher. Die Familie hat gemeinsam zu Abend gegessen, vielleicht waren noch weitere Freunde dabei – und um 20:15 haben sich alle zusammen vor dem altbekannten Fernseher versammelt, um einen Film oder ein besonderes TV-Event anzuschauen. Popcorn, Chips, Bier oder Softdrinks durften dabei in der Regel auch nicht fehlen. Dieses gesellige und recht regelmäßige Beisammensein hat mit dem Rückgang des klassischen linearen Fernsehens und dem Aufkommen alternativer Unterhaltungswege, vor allem durch das Internet, immer weiter abgenommen.

Doch dank Videostreaming kommt dieses auf so viele Arten bedeutende soziale Event immer mehr zurück. Die „Werkzeuge“ und Methoden mögen sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert haben, doch das Bedürfnis nach gemeinsamen Erlebnissen und dem Austausch am „digitalen Lagerfeuer“ ist freilich immer noch vorhanden und wohl wichtiger als jemals zuvor, besonders in schwierigen Zeiten wie diesen.

 

Herr Régis Werlé, wie sieht die immer weiter wachsende Bedeutung des Videostreamings denn aus?

Régis Werlé: Da gibt es einige deutliche Indizien. Neben den Views und Daten bei den großen Streaming- bzw. SVoD-Anbietern – unter anderem unserer Alchimie GmbH – existieren einige aktuelle und repräsentative Umfragen, denen zufolge das gemeinsame Anschauen von gestreamten Filmen oder Serien allein in Deutschland immer bedeutender wird. Waren es 2021 noch 68 Prozent, so sind es in diesem Jahr schon 75 Prozent, die regelmäßig mit Freunden und Familie die zahlreichen Angebote nutzen.

Gerade bei jüngeren Menschen zwischen 16 und 29 Jahren ist der Anteil hier mit sogar 83 Prozent besonders hoch und ebenso eindeutig. Ob mit den besten Freunden, Partnern oder Eltern und Geschwistern – besonders jüngere Menschen möchten Medien lieber gemeinsam statt einsam erleben.

 

Das ist sehr gut nachvollziehbar, Herr Werlé. Wie sieht es denn eigentlich auch außerhalb des gemeinsamen Anschauens von Serien und Filmen in puncto Videostreaming aus? Wird im gemeinsamen Wohnzimmer auch generell am meisten gestreamt oder spielen andere Orte ebenfalls eine wichtige Rolle?

Régis Werlé: Durchaus. Abgesehen vom Wohnzimmer spielt vor allem das Bett eine bedeutende Rolle beim Anschauen von Streaminginhalten. Laut aktuellen Studienergebnissen werden VoD- beziehungsweise SVoD-Angebote von mehr als 40 Prozent der Deutschen vom eigenen Bett aus genutzt. Knapp 27 Prozent nutzen Videostreaming regelmäßig in öffentlichen Verkehrsmitteln, also primär Bussen und Bahnen. 22 Prozent sehen sich ihr Wunschprogramm außerdem sehr gerne während des Essens an.

Jeweils 16 Prozent der Befragten machen dies regelmäßig beim Sport oder sogar auf der Arbeit sowie in Vorlesungen und Seminaren an der Universität. Immerhin 2 Prozent streamen auch auf dem stillen Örtchen regelmäßig – auch wenn ich vermute, dass die Dunkelziffer hier wesentlich höher liegen könnte. In jedem Fall ermöglicht gerade das Smartphone da eine sehr große Flexibilität.

 

Herr Werlé, da sie gerade moderne Smartphones erwähnen: Wie bedeutend sind diese eigentlich für das Videostreaming in der heutigen Zeit?

Régis Werlé: Sehr bedeutend sogar. Allerdings stehen sie bei den Abspielgeräten für gestreamte Inhalte nicht auf dem ersten Platz, aber – zumindest in Deutschland – auf dem zweiten. Laut aktueller Umfrageergebnisse nutzen 79 Prozent das eigene Phone hier regelmäßig für das Streamen und Anschauen von Videoinhalten. Auf Platz 1 steht hier noch ganz klar der Laptop mit 84 Prozent, gefolgt von den erwähnten Smartphones. Mit 78 Prozent sind die großen Smart-TVs auf dem dritten Platz. Für das gemeinsame Anschauen mit Freunden und Familie sollten diese allerdings, vermute ich, die größte Bedeutung haben.

 

Welche Geräte werden zum Streamen und Anschauen von Videos denn noch regelmäßig genutzt, Herr Werlé?

Régis Werlé: Auch wenn die klassischen, stationären Desktop-PCs immer seltener werden – knapp 52 Prozent der Deutschen über 16 Jahren nutzen diesen noch regelmäßig für Videostreaming. Damit liegt der PC sogar ein Prozent über dem Tablet, was mich persönlich eher überrascht hat. Ebenfalls genutzt werden spezielle Streaming-Boxen und Streaming-Sticks, dank welcher gestreamte Videoinhalte auch auf älteren, nicht-smarten TVs angesehen werden können.

Auch moderne Spielekonsolen ermöglichen das bequeme Streamen von Filmen und Serien dank entsprechender Apps der jeweiligen Anbieter. Empfehlen würde ich das aufgrund des relativ hohen Stromverbrauchs dieser Geräte im Angesicht der momentanen und kommenden Energiekosten allerdings nicht.

 

Régis Werlé, nochmals vielen Dank für dieses Interview. Viel Erfolg für sie und ihre Zukunft.

 

 

Mehr Informationen und Links zu Régis Werlé