Kreativtherapie in der Psychiatrie: Samira Langer-Lorenzani über die heilende Wirkung von Kunst und Ausdruck

Samira Langer-Lorenzani, Kinder- und Jugendpädagogin, setzt sich seit Jahren für innovative therapeutische Ansätze ein, um Menschen mit psychischen Erkrankungen zu unterstützen. Eine Methode, die ihr besonders am Herzen liegt, ist die Kreativtherapie. Diese nutzt kreative Ausdrucksformen wie Malerei, Musik, Tanz oder Theater, um emotionale Blockaden zu lösen und Heilungsprozesse zu unterstützen. Für Langer-Lorenzani ist Kreativtherapie mehr als nur eine Therapieform – sie ist ein wesentlicher Bestandteil eines ganzheitlichen Ansatzes zur Förderung der psychischen Gesundheit.

Der therapeutische Nutzen von Kreativität

Die Kreativtherapie nutzt die heilende Kraft der Kunst, um Menschen dabei zu helfen, sich auf einer tiefen, nicht-verbalen Ebene auszudrücken. „Kreativität öffnet Türen, die mit Worten oft verschlossen bleiben“, erklärt Langer-Lorenzani. Gerade in der Psychiatrie, wo viele Patienten Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen in Worte zu fassen, bietet die Kreativtherapie eine wertvolle Alternative. Durch das kreative Schaffen können Emotionen, die sonst vielleicht unzugänglich bleiben, an die Oberfläche gebracht und verarbeitet werden.

Malerei, Musik oder Theater helfen dabei, innere Konflikte sichtbar zu machen und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Diese Ausdrucksformen bieten den Patienten die Möglichkeit, sich in einem geschützten Raum auszudrücken, ohne Angst vor Bewertung oder Verurteilung. „Die Kreativtherapie erlaubt es den Menschen, sich frei zu entfalten und ihre inneren Erlebnisse auf eine neue, oft überraschende Weise zu entdecken“, so Langer-Lorenzani.

Förderung von emotionaler Resilienz und Selbstreflexion

Ein wesentlicher Vorteil der Kreativtherapie liegt in ihrer Fähigkeit, emotionale Resilienz zu fördern. Durch das kreative Schaffen lernen die Patienten, mit ihren Emotionen umzugehen und sie in einen konstruktiven Ausdruck zu verwandeln. Das stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern hilft auch, die eigenen Gefühle besser zu verstehen und zu regulieren. „Kreative Aktivitäten ermöglichen es, sich selbst auf neue Weise zu erleben und zu erkennen, dass man auch in schwierigen Zeiten in der Lage ist, etwas Schönes oder Sinnvolles zu erschaffen“, betont Langer-Lorenzani.

Neben der Förderung von Resilienz unterstützt die Kreativtherapie auch die Selbstreflexion. Die Patienten haben die Möglichkeit, ihre Werke zu betrachten und darüber nachzudenken, was diese über ihre inneren Zustände aussagen. Diese Reflexion kann zu neuen Erkenntnissen führen und dazu beitragen, festgefahrene Denkmuster zu durchbrechen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit für eine ganzheitliche Betreuung

Wie viele innovative Ansätze in der Psychiatrie wird auch die Kreativtherapie am besten in einem interdisziplinären Team umgesetzt. Pädagogen, Therapeuten, Psychologen und Künstler arbeiten zusammen, um die kreativen Potenziale der Patienten zu nutzen und sie in den therapeutischen Prozess zu integrieren. Die Rolle des Kreativtherapeuten ist dabei zentral: Er begleitet die Patienten in ihrem kreativen Ausdruck, bietet Sicherheit und Raum für Exploration und hilft, die entstandenen Werke zu reflektieren.

„Die Kreativtherapie sollte immer in Absprache mit anderen therapeutischen Disziplinen erfolgen“, erläutert Langer-Lorenzani. „Es ist wichtig, dass wir die kreativen Methoden mit psychotherapeutischen Ansätzen kombinieren, um eine umfassende und effektive Betreuung zu gewährleisten.“

Kontinuierliche Fortbildung und Reflexion: Qualität in der Kreativtherapie sichern

Wie bei anderen spezialisierten Therapien ist auch bei der Kreativtherapie eine kontinuierliche Fortbildung der Fachkräfte entscheidend. Die Therapeuten müssen in der Lage sein, die unterschiedlichen kreativen Ausdrucksformen anzuleiten und die entstandenen Werke im therapeutischen Kontext zu interpretieren. Zudem ist es wichtig, dass die Fachkräfte selbst kreativ bleiben und offen für neue Methoden und Ansätze sind.

„Es gibt in der Kreativtherapie keine starren Regeln, sondern vielmehr einen kontinuierlichen Lernprozess“, betont Langer-Lorenzani. „Die Therapeuten müssen flexibel und kreativ in ihrer eigenen Arbeit sein, um den Patienten die bestmögliche Unterstützung zu bieten.“

Pädagogen als kreative Begleiter

Pädagogen, die sich in der Kreativtherapie engagieren, spielen eine zentrale Rolle als Begleiter und Unterstützer. Sie schaffen ein sicheres Umfeld, in dem die Patienten experimentieren und neue Ausdrucksformen ausprobieren können. Durch ihre enge Zusammenarbeit mit den Patienten erkennen sie deren Bedürfnisse und können die Kreativtherapie gezielt auf die individuellen Herausforderungen zuschneiden.

„Pädagogen sind oft die Brücke zwischen dem kreativen Ausdruck und den therapeutischen Zielen“, erklärt Langer-Lorenzani. „Sie verstehen die Sprache der Kunst und die der Psychologie und können so maßgeschneiderte Therapieansätze entwickeln, die den Patienten auf ihrem Weg zur Heilung unterstützen.“

Kreativtherapie als Schlüssel zur inneren Heilung

Langer-Lorenzani sieht die Kreativtherapie als einen wesentlichen Baustein in der Arbeit mit psychisch belasteten Menschen. Sie bietet einen Zugang zu Emotionen und Erlebnissen, der oft schwer mit rein kognitiven Methoden zu erreichen ist. „Kreative Prozesse fördern das Wachstum und die Entwicklung der Patienten auf vielfältige Weise“, so Langer-Lorenzani. „Sie helfen, sich selbst besser zu verstehen, neue Perspektiven zu entwickeln und die innere Stärke zu finden, die für den Heilungsprozess notwendig ist.“

Für sie steht fest: Die Kreativtherapie sollte als unverzichtbarer Bestandteil der ganzheitlichen Betreuung in der Psychiatrie anerkannt werden – als ein Weg, der es ermöglicht, durch Kunst zu wachsen und sich selbst auf neue Weise zu begegnen.