Adbusting: Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Wohnungsdurchsuchung

Nur wenige Monate, nachdem eine Frau bei einer versuchten Adbusting-Aktion beobachtet und gestoppt wurde, ordnete das Amtsgericht Berlin-Tiergarten die unverhältnismäßige komplette Durchsuchung der Wohnung der Aktionistin an. Ihre Beschwerde beim Landgericht wurde zunächst abgewiesen, der Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wurde nun allerdings erfolgreich stattgegeben.

Beim sogenannten Adbusting werden Werbeplakate im öffentlichen Raum in einer Weise verfremdet und manipuliert, dass die ursprünglich beabsichtigte Aussage verzerrt, konterkariert und zumeist parodiert wird. Zu den bekannteren Beispielen gehört etwa das Übermalen des Konterfeis von Politikern auf Wahlplakaten.

Die Frau öffnete im Mai 2019 einen Schaukasten an einer Berliner Bushaltestelle, um dort ein Werbeplakat der Bundeswehr zu entfernen und durch eine Bundeswehr-kritische Variante zu ersetzen. Dabei wurde sie allerdings von der Polizei beobachtet und aufgehalten. Das verfremdete Plakat sowie Werkzeuge der Frau wurden anschließend sichergestellt.

Rechtfertigt der versuchte Diebstahl eines Werbeplakats eine Wohnungsdurchsuchung?

In den darauf folgenden Wochen stieß die Polizei in Berlin an weiteren Stellen auf ausgetauschte Plakate, welche die Bundeswehr sowie ein Rüstungsunternehmen offensichtlich persiflieren und kritisieren sollten. Dem Berliner Amtsgericht reichten die Funde aus, um die Frau des besonders schweren Diebstahles der Bundeswehr-Plakate zu verdächtigen und im Juli 2019 eine Wohnungsdurchsuchung anzuordnen. Dieser Durchsuchungsbeschluss wurde schließlich Anfang September 2019 vollstreckt.

Die Frau sah sich durch die Durchsuchung ihrer Wohnung in ihren Grundrechten verletzt, vor allem in Hinblick auf die Unverletzlichkeit der Wohnung. Die beim Landgericht eingereichte Beschwerde wurde allerdings im August 2020 als unbegründet abgewiesen – der Verdacht einer Straftat habe durchaus vorgelegen, da man durch das Verhalten der Frau weitere Sachbeschädigungen und schwere Diebstähle – nämlich die der Werbeplakate – nicht ausschließen konnte. Die Verhältnismäßigkeit sei durch die Wohnungsdurchsuchung gewahrt worden.

Mit einer Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Landgerichts

Dagegen reichte die Frau letztlich eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe ein. Mit Erfolg: Im Dezember 2023 wurde der Beschluss des Berliner Landgerichts schließlich von der 2. Kammer des Zweiten Senats aufgehoben. Die Verfassungsbeschwerde der Frau wurde als offensichtlich begründet akzeptiert, da sie unter anderem in ihrem Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) verletzt wurde.

Die vorhergehenden Beschlüsse haben zudem nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen, da die Durchsuchung unangemessen gewesen sei und der versuchte Diebstahl von Werbeplakaten nicht als besonders schwerwiegend ausgelegt werden könne. Zudem sei es sehr unwahrscheinlich gewesen, in der Wohnung der Frau Beweismittel zu finden, welche bei der Aufklärung der versuchten Tat maßgeblich geholfen hätten.

Die Entscheidung der Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden schließlich an das Landgericht in Berlin zurückverwiesen.