Die Bedeutung von Telemedizin im Gesundheitswesen nimmt zu

Nicht nur als Folge der Corona-Pandemie hat die Rolle der Telemedizin in Deutschland innerhalb der letzten Jahre massiv an Relevanz hinzugewonnen. Gerade Kapazitäten bei den ärztlichen und klinischen Einrichtungen stoßen selbst in nicht-pandemischen Zeiten zunehmend an ihre Grenzen. Telemedizin kann hier wirksam zur Entlastung der vorhandenen Ressourcen beitragen.

Dennoch scheint das ungehinderte Wachstum telemedizinischer Angebote durch vermeidbare Hürden behindert zu werden. Vor allem gesetzliche Regelungen in den Bereichen Heilmittelwerberecht, Sozialrecht und Berufsrecht haben in bestimmten Sektoren mit der aktuellen Entwicklung nicht Schritt gehalten und werden den Anforderungen der Telemedizin vielfach nicht gerecht. Auch bei Regelungen zur Vergütung besteht dringender Nachbesserungsbedarf.

Wachstumsschub durch COVID-19

Nach dem Inkrafttreten der ersten Kontaktbeschränkungen nach Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 haben sich telemedizinische Angebote auf breiter Front durchgesetzt. Die Schwerpunkte liegen mittlerweile bei der Telediagnostik und dem Telemonitoring, also der Überwachung und Übertragung gesundheitsspezifischer Daten aus der Patientenwohnung. Auch die telefonische Krankschreibung hat im Zuge der Lockdown-Bestimmungen an Häufigkeit zugenommen.

Ebenfalls stark an Bedeutung zugenommen haben Tele-Notarztsysteme, bei denen speziell geschulte Notärzte in Bild und Ton live in den Rettungswagen zugeschaltet werden. Mittlerweile gibt es für so gut wie jede ärztliche und klinische Disziplin innovative Telemedizin-Angebote.

Telemedizin gibt es seit 2018

Erst durch die Liberalisierung beim Fernbehandlungsverbot im Jahr 2018 ist Telemedizin zu einer allgemein anwendbaren medizinischen Dienstleistung geworden. Davor war die medizinische Tätigkeit ausschließlich bei physischer Anwesenheit von Arzt und Patient am selben Ort zulässig. Dennoch ist der telemedizinische Sektor – trotz einiger Liberalisierungsmaßnahmen – bis zum heutigen Tag durch einen strengen regulatorischen Rahmen belastet.

2019 wurde die Aufnahme von Videosprechstunden in den Erstattungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen auch für psychotherapeutische Leistungen möglich. Dazu kam die Erhöhung von Zuschlägen und ein einheitliches Abrechnungsmodell für telemedizinische Leistungen. Weitere Verbesserungen stellten sich durch die Einführung des Digitale-Versorgung-Gesetzes ein.

Dennoch gibt es bis heute fundamentale Diskrepanzen zwischen der grundsätzlichen Zulässigkeit telemedizinischer Leistungen und dem in großen Zügen immer noch bestehenden Werbeverbot nach dem Heilmittelwerbegesetz. Entsprechende Urteile wurden erst in jüngster Zeit durch den Bundesgerichtshof bestätigt. Es besteht also noch breiter Nachbesserungsbedarf.

Telemedizin gewinnt in der Psychiatrie an Bedeutung

Gerade in den Bereichen Psychologie und Psychiatrie ist die physische Nähe zwischen Patient*in und Therapeut*in nicht zwingend erforderlich, das bestätigen zahlreiche Experten. Die Wirksamkeit digitalisierter, automatisierter und fernmündlicher Behandlungen ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen.

Telemedizinische Psychiatrie und Psychotherapie kann ihre volle Wirkung entfalten, wenn die Maßnahme an die individuellen Bedürfnisse der Patientin oder des Patienten angepasst ist. Hier erlaubt die Videokommunikation neuartige Therapie-Settings, die der Präsenzbehandlung in bestimmten Aspekten sogar überlegen sein können, beispielsweise durch den Wegfall der Anreise. Das erlaubt kürzere und häufigere Einheiten, was der Therapieeffizienz dienlich sein kann.

Deutschland liegt bei der Telemedizin zurück

Gegenüber anderen Ländern mit deutlich fortgeschrittener digitalmedizinischer Infrastruktur – beispielsweise mehrere skandinavische Länder und Estland – weist Deutschland noch immer deutliche Defizite auf.

Vor allem bei der Schaffung digitaler Angebote und einem praxisgerechten Vergütungssystem befindet sich die Bundesrepublik noch in einem Frühstadium. Besondere Defizite zeigen sich bei der sektorübergreifenden Versorgung. Nun gilt es, einzelne Projekte verschiedener Bundesländer wie das Virtuelle Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen oder die Telemedizinplattform in Baden-Württemberg in die Regelversorgung zu übernehmen und daraus ein tragfähiges Gesamtsystem zu entwickeln.

Zukunftsorientiertes Konzept „reality bites“ für Menschen in Krisensituationen

Aber auch nicht-staatliche Projekte bauen auf die Vorteile der digitalen Möglichkeiten, eines dieser Konzepte ist die Plattform reality bites von Gründerin Diana Posner aus Düsseldorf.

reality bites verfolgt den digital-integrativen Ansatz, um Experten wie Therapeuten, Coaches, Juristen und andere Berater mit Menschen zusammen zu bringen, die Hilfe und Unterstützung bei persönlichen Lebensproblemen suchen. Das reality bites Portal fungiert dabei als sozialer Communitykanal, als Netzwerk aller Beteiligten und als Onlineplattform für alle technologische Aspekte wie digitaler Austausch, Webinare, Videokonferenzen und E-Commerce-Funktionen (zum Beispiel Abrechnungssystem und Bezahlmöglichkeiten).

 

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