Die Nachhaltige Baustelle

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat zum Tag der Bauindustrie 2021 der Öffentlichkeit erstmals ein neues Zertifizierungssystem für nachhaltige Baustellen vorgestellt.

Fünf klare und verständliche Kriterien sollen künftig bei der Planung und dem Management von Baustellen dafür sorgen, dass nicht nur die Gebäude an sich, sondern schon die dazugehörigen Baustätten von vornherein besonders nachhaltig und schonend für das Klima wie auch die Menschen sind.

Vom notwendigen Übel zum Vorbild im nachhaltigen Bauen

Mit dem neuen Zertifizierungssystem der DGNB soll nicht nur der Aufwand auf Baustellen in vielfacher Hinsicht verringert worden, sondern freilich auch die im Laufe des Bauprozesses entstehenden Emissionen von CO². Baustellen werden für gewöhnlich von großen Teilen der Bevölkerung bestenfalls als „notwendiges Übel“ betrachtet. In Verbindung gebracht werden sie weniger mit den prinzipiell positiven Bau- und Entstehungsprozessen, sondern mehr mit ständigen Belästigungen durch Baulärm und Staub, gesperrten Straßen und Zufahrten, verdreckten Wegen oder einer gefährlichen Arbeitsumgebung.

Genau hier soll der neue Zertifizierungsprozess greifen. Baustellen sollen in Zukunft nicht nur in der aktiven Phase, sondern schon in der Planung und Organisation optimiert werden. Auch sollen sie verstärkt Nachhaltigkeitsstandards einhalten, welche von der DGNB in mehreren Stufen geprüft und beurteilt werden.

Der Kriterienkatalog der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, welche 2007 gegründet wurde, bricht die nachhaltige Betrachtung des Baustellenprozesses auf fünf zentrale und essenzielle Kernaspekte herunter. Diese sind die Baustellenorganisation, der Ressourcenschutz, Gesundheit & Soziales, die Kommunikation mit der lokalen Öffentlichkeit sowie die Qualität der Bauausführung.

Mithilfe dieser Aspekte und der damit einhergehenden Richtlinien sowie Empfehlungen sollen heute und in Zukunft die Emissionen von CO² auf Baustellen minimiert, mehr Bauressourcen wiederverwertet und Bauabläufe gesichert sowie optimiert werden. Auch Gefahren für sämtliche Beteiligten wie etwa Bauarbeiterinnen und -arbeiter sollen stark reduziert werden. Damit einhergehen soll eine wachsende Akzeptanz von betroffenen Anwohnern im Umfeld der Baustellen.

Mit intelligenter Planung zur ausgezeichneten und nachhaltigen Baustelle

Voraussetzung für die neue Auszeichnung der DGNB ist ein spezielles Vorzertifikat, welches zum Beginn des Bauprojektes erworben wird. Hier werden die grundsätzlichen Vorgaben für das Baustellenmanagement und das weitere Vorgehen im Detail festgelegt. In regelmäßigen Abständen werden die Baustelle und sämtliche getätigten Arbeiten dann überprüft. Wird das Bauprojekt erfolgreich abgeschlossen und die vereinbarten Nachhaltigkeitskriterien dabei kontinuierlich eingehalten, folgt am Ende die Zertifizierung durch die DGNB.

35% der von der DGNB vorgegebenen Kriterien gelten als Mindestanforderungen, welche in jedem Fall erfüllt werden müssen. Die Baustellenorganisation stellt hierbei den bedeutendsten und größten Anteil dar. Aus den Kategorien Qualität der Bauausführung, Ressourcenschutz und Gesundheit & Soziales müssen zudem weitere Mindestanforderungen erfüllt werden.

Für eine Verleihung des Zertifikats für nachhaltige Baustellen reichen diese 35% allerdings nicht aus. Erst ab einer Gesamterfüllung des Nachhaltigkeitsprogramms von 65% oder mehr wird die DGNB-Zertifizierung verliehen. Nur das Minimum reicht hier also nicht aus; erst durch das Erfüllen weiterer variabler Nachhaltigkeitsmaßnahmen (die Kommunikation mit der lokalen Öffentlichkeit spielt nun ebenfalls eine wichtige Rolle) können ein Score von mehr als 65% und damit auch die begehrte Auszeichnung erlangt werden.

Mehr als drei Viertel von 30 befragten Unternehmen möchten das Zertifikat „Nachhaltige Baustelle“ bei kommenden geplanten Bauvorhaben anstreben, wie eine Umfrage an der Universität Duisburg-Essen ergeben hat. In der Zwischenzeit wurden bereits Baustellen beziehungsweise Bauprojekte von der DGNB ausgezeichnet. Den Titel als erste „Nachhaltige Baustelle“ konnte sich der Lebensmittelkonzern Lidl mit einem Filialbau in der Stadt Winnenden sichern können. Teilnehmer sind sich sicher, dass sich das Zertifikat in Zukunft von einem reizvollen Bonus zu einem neuen Standard in der Bau- und Immobilienindustrie entwickeln könnte.

 

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