Europäische Union plant härtere und einheitliche Strafen nach sexualisierter Gewalt

Nach Angaben der Europäischen Union hat etwa jede dritte Frau innerhalb der EU Erfahrungen mit sexualisierter oder häuslicher Gewalt gemacht, jede Zwanzigste wurde bereits Opfer einer Vergewaltigung. Auch wenn die EU-Kommission betont, dass die Datenbasis für sexualisierte Gewalt angepasst und verbessert werden müsse – es wird mehr als deutlich, dass etwas geschehen muss. Die Europäische Union plant daher, einheitliche und strengere Standards sowie Mindeststrafen bei Gewalt gegenüber Frauen in der gesamten Union durchzusetzen.

Das Sexualstrafrecht soll EU-weit verschärft und vereinheitlicht werden

In Deutschland wurde das Sexualstrafrecht 2016 reformiert. Zahlreiche zeitgemäßere Ergänzungen und Anpassungen des Strafrechts liefen unter dem übergeordneten Motto „NEIN heißt NEIN“ – neben einem besseren Schutz und der Betreuung von Opfern sexualisierter Gewalt stand auch eine konsequentere, härtere Bestrafung von Täterinnen und Tätern im Fokus.

Laut § 177 des Strafgesetzbuchs liegt eine Vergewaltigung etwa nun auch dann vor, wenn das Opfer sich nicht körperlich wehrt, sondern seinen Widerwillen und Ablehnung durch Gesten oder Worte äußert. Ein Straftatbestand ist nun auch dann erfüllt, wenn das Opfer körperlich nicht mehr in der Lage ist, den Widerwillen zu bilden und zu äußern, etwa nach starker Alkoholisierung oder der unbeabsichtigten Einnahme von KO-Tropfen. Seit der Reform im Jahre 2016 ist die Zahl der angezeigten Sexualstraftaten messbar gestiegen.

Nun sollen die Strafen bei Vergewaltigungen auch auf EU-Ebene nicht nur wesentlich strenger, sondern auch weiter vereinheitlicht werden. So sollen künftig einheitliche Mindeststandards in sämtlichen Ländern der Europäischen Union gelten. Auch Täter und Täterinnen sollen unionsweit wegen Vergewaltigung belangt werden können, selbst wenn diese Opfer nicht bedroht oder geschlagen haben. Momentan sind Drohungen oder die aktive Anwendung von Gewalt noch Voraussetzung für eine Strafverfolgung in 18 der 27 momentanen Mitgliedsstaaten der EU.

Im Kampf gegen Sexualstraftaten ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, kritisierte anlässlich des Internationalen Frauentags 2022 die oftmals zu vage formulierten Gesetze oder zu milde Strafen einiger Mitgliedsstaaten. In einigen seien Genitalverstümmelungen etwa immer noch nicht explizit verboten worden. Gewalt gegen Frauen müsse in der gesamten Europäischen Union nach ähnlichen Regeln verhindert, verurteilt und verfolgt werden, so von der Leyen.

Weitere Vorschläge sehen vor, Stalking und Mobbing von Frauen im Internet ebenfalls in der gesamten EU als Straftat einzuführen. Auch die böswillige Weiterverbreitung intimer Aufnahmen, etwa privater Videos, welche beim gemeinsamen Geschlechtsverkehr gemacht wurden, soll in Zukunft ebenfalls entsprechend geahndet werden können.

Die Vorschläge wurden an die einzelnen Staaten der Europäischen Union sowie das Europaparlament weitergeleitet und müssen dort nun im Detail besprochen und ausgearbeitet werden.

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