In Teilen verfassungswidrig: Das neue Polizeigesetz von Mecklenburg-Vorpommern

Das im Juni 2020 in Kraft getretene neue Polizeigesetz von Mecklenburg-Vorpommern ist schon vor der Einführung überaus kontrovers diskutiert worden. Vor allem Datenschützer befürchteten bei der umstrittenen Reform des Gesetzes signifikante Verstöße gegen das Grundgesetz und die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands. Nach einer Verfassungsbeschwerde wurde es nun vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für teilweise verfassungswidrig befunden.

Laut Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in Karlsruhe vom 09. Dezember 2022 ist das neue Polizeigesetz des nordöstlichen Bundeslands Mecklenburg-Vorpommern zu Teilen nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar. Vor allem diverse neue Frei- und Angaben zu Überwachungsmaßnahmen verdächtiger Personen seien im momentanen Zustand noch zu unpräzise. Auch den notwendigen Ansprüchen an die Verhältnismäßigkeit solcher Operationen genügten die Vorschriften nicht, so die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts.

Kritik gab es außerdem am Einsatz von verdeckten Ermittlern und V-Leuten (Vertrauens- oder Verbindungsleuten). Zwar sei der Einsatz dieser unter bestimmten Konditionen und zur Abwehr von Gefahren gerechtfertigt, das umstrittene Polizeigesetz genüge allerdings auch in diesem Punkt nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit solcher Aktionen. Zusätzlich wurden auch diverse Regelungen zu Online-Durchsuchungen oder der Überwachung privater Wohnräume als teilweise oder vollkommen unvereinbar mit dem deutschen Grundgesetz bewertet.

Als Konsequenz müssen die verantwortlichen Entscheidungsträger von Mecklenburg-Vorpommern sämtliche vom BVerfG beanstandeten Regelungen und Teilaspekte des Polizeigesetzes nun bis spätestens Ende 2023 erneut prüfen und in korrigierter Form einreichen. Trotz aller Kritik und des Urteils der Richterinnen und Richter in Karlsruhe bleiben die kritisierten und für nicht verfassungskonform erklärten Regelungen des Gesetzes allerdings weiterhin in Kraft, wenn auch in eingeschränktem Maße.

Die Verfassungsbeschwerde als letztes Mittel gegen das umstrittene Polizeigesetz

Konzipiert wurde die Verfassungsbeschwerde über das von Beginn an umstrittene Polizeigesetz von der Gesellschaft für Freiheitsrecht, kurz GFF. Zusammen mit einem Journalisten, einer Klimaaktivistin, einer Anwältin und zwei Fußballfans hatte die Organisation die entsprechende Beschwerde beim BVerfG eingereicht. Die GFF hat bereits in der Vergangenheit mehrere Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe vorgelegt. Regelmäßig kritisiert der gemeinnützige Verein zudem die Verschärfung von Rechten und Gesetzen der Polizei auf nationaler Ebene.

Die GFF bezeichnete das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Polizeigesetz von Mecklenburg-Vorpommern nach dessen Verkündung als einen Erfolg für die Freiheitsrechte, der auch über das Bundesland hinaus Konsequenzen haben werde. Man begleite und unterstütze zudem vergleichbare Aktionen und Verfassungsbeschwerden in anderen Bundesländern.

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