Neue BKA-Studie – Hohe Dunkelziffer bei Sexualdelikten und Cyberkriminalität

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat nach einer zweijährigen Durchführung und einer Planung von mehr als 20 Jahren mit Sicherheit und Kriminalität in Deutschland eine der bis dato größten und umfangreichsten Dunkelfeldstudien präsentiert. Die Anfang November 2022 veröffentlichten Ergebnisse dieser Studie offenbaren ein ambivalentes Bild in Bezug auf Sicherheit und Sicherheitsempfinden in Deutschland, zeugen aber auch von hohen Dunkelziffern bei Sexualdelikten und im Bereich der Cyberkriminalität.

2020 ließ das Bundeskriminalamt (BKA) der Bundesrepublik Deutschland Fragebögen an mehr als 120.000 deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger verschicken. Die konkrete Durchführung dieses Mammutprojekts, der großangelegten Studie Sicherheit und Kriminalität in Deutschland, wurde seit gut zwei Jahrzehnten geplant und nun erstmals umgesetzt. Die Auswertungen der Antworten von knapp 45.000 Teilnehmern wurden vom BKA in Kooperation mit der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt.

Zwar werden bei den deutschen Sicherheitsbehörden, etwa der Polizei, sämtliche eingegangenen Anzeigen detailliert erfasst. Diese Daten geben allerdings kaum Auskunft darüber, wie groß die Dunkelziffern in den einzelnen Kriminalitätsbereichen sind – also die Zahl der Verbrechen, die erst gar nicht gemeldet und zur Anzeige gebracht werden. Zusammengefasst sei Deutschland nach Auswertung der Studienergebnisse, so das BKA, insgesamt allerdings ein relativ sicheres Land, sowohl in Bezug auf die „gefühlte“ Sicherheit unter den befragten Deutschen als auch bei den wirklich vorgefallenen kriminellen Delikten.

Hohe Dunkelziffern bei Sexualdelikten in Deutschland

Besonders im Bereich der Sexualdelikte sei die äußerst hohe Dunkelziffer ein großes Problem, so Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts. Sechs Prozent aller befragten Frauen gaben in der Umfrage an, im vorhergegangenen Jahr Opfer eines Sexualdelikts geworden zu sein. Selbst bei besonders schweren Vergehen wie sexuellem Missbrauch und Vergewaltigungen liegt die Anzeigequote in Deutschland bei gerade einmal 9,5 Prozent.

Der Anteil solcher schweren und mit Gewalt verbundenen Sexualdelikte ist in Relation auf sämtliche Straftaten mit 0,3 Prozent eher niedrig. Auch der Anteil von Gewaltdelikten, etwa Körperverletzungen unter dem Einsatz von Waffen oder ähnlichen Gegenständen, ist mit 0,5 bis 0,8 Prozent relativ gering. Dennoch sei das individuell empfundene Sicherheitsgefühl unter den befragten Deutschen in einigen bestimmten Alltagsbereichen „in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt“, so das BKA.

So fühlen sich etwa 54 Prozent der Bevölkerung abends und vor allem nachts in öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bussen und Bahnen nicht sicher. Während sich sechs von zehn Männern in solchen Situationen noch relativ sicher fühlen, liegt dieser Anteil unter den weiblichen Befragten bei gerade einmal 33 Prozent.

Interessant ist auch die Erkenntnis, dass deutsche Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund, etwa aus Polen oder der Türkei, eine größere Angst davor haben, Opfer krimineller Delikte zu werden als bei Menschen ohne einen solchen Hintergrund. Hier spiele, so die Ergebnisse der BKA-Studie, vor allem die Angst vor sogenannter Vorurteilskriminalität eine große Rolle.

Die große deutsche Angst vor Cyberkriminalität

Noch größer als bei Sexual- und Gewaltdelikten seien aber sowohl die Dunkelziffer als auch die empfundene Angst vor Cyberkriminalität, etwa davor, im Internet zum Betrugsopfer zu werden. Ein Drittel der Befragten beurteilt das Risiko, online auf Betrüger und Scam reinzufallen, als äußerst hoch. Daher weigern sich knapp 25 Prozent der Deutschen bis heute, Geldtransaktionen im Internet abzuwickeln oder Online-Banking zu nutzen.

In den zwölf Monaten vor der Befragung wurden 13,5 Prozent Opfer von Cyberkriminalität, zumeist im Bereich des Waren- und Dienstleistungsbetrugs. Die Dunkelziffer sei auch hier besonders groß, so das BKA; nicht einmal jede fünfte Straftat im Internet werde auch bei den entsprechenden Behörden angezeigt. Es sei äußerst bedeutend, das Straf- beziehungsweise Anzeigebewusstsein unter den Menschen hier deutlich zu schärfen und Cyberkriminalität stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

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