Nur Ja heißt Ja – Verschärfung des spanischen Sexualstrafrechts

Ob in Deutschland, der Schweiz und zahlreichen weiteren Ländern Europas – das Sexualstrafrecht des jeweiligen Landes wird regelmäßig, oftmals kontrovers, diskutiert und gerade in den letzten Jahren immer häufiger verschärft. Auch in Spanien wurde nun das Sexualstrafrecht angepasst. Spanien gilt europaweit besonders bei Frauenrechten und Gleichstellungspolitik als Vorbild und Vorreiter.

Bereits im Mai dieses Jahres wurde der Entwurf für das überarbeitete, verschärfte Sexualstrafrecht vom spanischen Parlament gebilligt. Zunächst wurde er vom Senat mit einem Änderungsvorschlag zurückgeschickt, nach welchem die Unterscheidung zwischen Aggression und Missbrauch aufgehoben werden sollte. Nach dieser Anpassung wurde die Verschärfung des Sexualstrafrechts in Spanien, welches auch als Nur Ja heißt Ja-Gesetz bekannt wurde, vom Parlament endgültig akzeptiert. Nur Abgeordnete der rechtspopulistischen Vox und der konservativen Volkspartei (PP) stimmten gegen die Gesetzesänderung, da diese zukünftige Unschuldsvermutungen gefährdet sahen.

Mehr Schutz für die Opfer von Belästigungen und Vergewaltigungen

Die spanische Regierung reagierte mit der Verschärfung und der neuen Nur Ja heißt Ja-Regelung unter anderem auf diverse Fälle von Gruppenvergewaltigungen in Spanien in den letzten Jahren. In den meisten Fällen wurden die Täter dabei nur milde bestraft. Im Sommer 2016 etwa hatten fünf junge Männer während Festivitäten in der Stadt Pamplona eine junge Frau in einem Hauseingang mehrfach vergewaltigt und die Tat zudem gefilmt. Während des folgenden Prozesses sah das zuständige Gericht den Tatbestand einer Vergewaltigung allerdings als nicht gegeben an, weil das Opfer während der Tat passiv geblieben sei und von ihrer Seite aus weder Drohungen noch Schläge oder Tritte erfolgt wären. Dieses höchst umstrittene Urteil hatte in der Folge zu teils heftigen Protesten in ganz Spanien geführt.

Nach dem Inkrafttreten der neuen Regelung werden sexuelle An- und Übergriffe unabhängig von einer Abwehrreaktion des Opfers als Vergewaltigung gewertet, welche mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden kann. Verschärft wurden auch die Strafen für sexuelle Belästigungen jeglicher Art, etwa auf der Straße oder in öffentlichen Verkehrsmitteln, oder die Verbreitung von privaten Sexvideos. Für mehr Aufklärung und Sensibilität soll auch ein erweiterter Sexualunterricht in den Schulen Spaniens sorgen.

Irene Montero, Spaniens Gleichstellungsministerin, sieht das verschärfte Sexualstrafgesetz als Erfolg und einen entscheidenden Schritt zur Veränderung der sexuellen Kultur Spaniens. Zukünftig läge die Beweislast nicht bei den Opfern, zumeist Frauen, die nach einer Tat belegen mussten, dass von Seiten der Täter Einschüchterungsversuche oder körperliche Gewalt ausgeübt wurden. Montero sieht im Gesetz ein Ende des „sexuellen Terrors“ und der „Vergewaltigungskultur“ in Spanien.

Nur Ja heißt Ja – nicht in Deutschland?

Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International haben von 31 europäischen Ländern bisher nur zwölf das eigene Sexualstrafrecht an das Leitmotiv Nur Ja heißt Ja angepasst. Neben Spanien zählen etwa Dänemark, Kroatien, Belgien oder auch der Vorreiter Schweden dazu. Dort wurde das Gesetz bereits 2018 entsprechend angepasst.

Andere Länder, darunter auch Deutschland, sind in dieser Hinsicht noch nicht so weit. Die letzte Verschärfung des deutschen Sexualstrafrechts fand 2016 und nach dem Prinzip Nein heißt Nein statt. Das Strafmaß bei sexuellen Übergriffen ist hier unter anderem davon abhängig, ob der Täter dem Opfer vor einer Vergewaltigung gedroht oder es verletzt hat. Dabei ist auch von Bedeutung, ob eine Waffe verwendet wurde. Diverse Initiativen und Gruppen fordern auch beim deutschen Sexualstrafrecht Modernisierungen und eine Nur Ja heißt Ja-Reform.

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