Sei ein freundliches Fragezeichen – Ein Gastbeitrag des Verhandlungsexperten Jack Nasher

Wir kennen die Szenen aus diversen Serien und vor allem Hollywood-Filmen der letzten Jahrzehnte: Es kommt zu episch inszenierten Verhandlungsszenen, in denen zwei oder mehr Menschen, meistens Männer, in riesigen Konferenzsälen mit Blick über die Skyline sitzen und Nadelstreifenanzüge mit Einstecktüchern tragen. Die Atmosphäre ist zum Schneiden dicht und angespannt. Aggression liegt subtil in der Luft, nach einer Weile zumeist auch explizit und klar erkennbar.

Dann geht es ans Wesentliche: eine bedeutende Verhandlung über das Schicksal einer Unternehmensgruppe, bestimmter Personen oder auch anderer Elemente. Mindestes eine der beiden Parteien steht auf, erhebt die Stimme, stellt Kleidung und Reichtum zur Schau wie ein Pfau bei der Balz und zeigt das Maximum an Dominanz. Die Person schlägt hart auf den Tisch. „So machen wir das! So und nicht anders!“, gefolgt von einem unausgesprochenen, aber gemeinten „Weil ich es so will. Mein Wille geschehe!“ Aber sieht die „perfekte“ Verhandlung wirklich so aus?

Dominanz ist keine effektive Art des Verhandelns

So funktionieren also Verhandlungen – zumindest in Hollywood-Filmen oder Serien. Das Problem dabei: Dominanz ist keine Verhandlungsführung. Zur Schau gestellte, zumeist erzwungene Überlegenheit, Härte und ein absolutes Desinteresse am Wert und Angebot der anderen Parteien führen kaum zum Ziel.

Wer bedrohlich und aggressiv auf sein Gegenüber wirkt, dabei noch laut und unfreundlich ist und die Verhandlungspartner als Feinde betrachtet, wird seine eigenen Ziele kaum durchsetzen können. Der Weg zum effektiven Verhandler ist ein ganz anderer.

Sei ein freundliches Fragezeichen

Wesentlich besser ist es, in Verhandlungen als eine Art „freundliches Fragezeichen“ zu beginnen. Seien Sie nett, höflich, unbedrohlich und – vor allem – aufrichtig interessiert und neugierig. Stellen Sie Fragen und hören Sie offen zu, statt forsch oder fordernd zu sein. Kurz: Je weniger Sie als eine Bedrohung wahrgenommen werden, die nur an ihren eigenen Gewinn denkt und diesem alles andere unterordnen will, auch die Interessen der anderen Partei, desto besser stehen die Chancen, am Ende eine Win-Win-Situation für beide Seiten zu verhandeln. Im Idealfall: gut für den anderen, fantastisch für Dich.

Dabei ist es auch wichtig, optisch nicht zu sehr auffallen und dominieren zu wollen. Weniger ist auch hier in der Regel mehr. Kleiden Sie sich ordentlich und der Situation entsprechend. Durchaus auch elegant, aber nicht zu auffällig. Ergo: Verzichten Sie auf Tam-Tam sowie Bling-Bling und bleiben Sie lieber unter dem Radar. Sonst werden Sie vom anderen – gerade in gleichgeschlechtlichen Verhandlungen – als Bedrohung wahrgenommen und auf eine solche reagiert man abwehrend oder sogar mit Angriff.

Entscheidend für eine optimale Verhandlungsführung sind ohnehin Offenheit und Kreativität. Eine Win-Win-Situation für alle beteiligten Parteien muss nicht mit Kompromissen enden, die keine Seite wirklich zufriedenstellen. Stattdessen sollte man ein gesundes Gleichgewicht aus Konsequenz und Flexibilität finden. Es ist gut, in Bezug auf die eigenen Interessen hart zu bleiben, doch beim Erreichen dieser gilt es, flexibel und offen zu bleiben für Mittel und Wege, die sich vielleicht erst im Laufe der Verhandlung offenbaren. Hart bezüglich der Interessen, weich bezüglich der Positionen. Gute Verhandlungen sind oftmals ein Puzzle aus 1.000 Teilen, welches Sie nach und nach zusammenbauen – allerdings ohne vorher das Motiv zu kennen.

Offen, freundlich und interessiert bleiben für ein optimales Verhandlungsergebnis

Daher ist es in den meisten Verhandlungen essenziell, flexibel zu bleiben und dabei einen offenen, nicht bedrohlichen Eindruck zu machen. Zur Schau gestellte und aggressive Dominanz sowie gespielte Überlegenheit helfen dabei nicht, sondern schaden letztlich der eigenen Position.

 


Kurzvita Jack Nasher

Als einer der führenden Verhandlungsexperten weiß Jack Nasher, worauf es ankommt, um das optimale Ergebnis in einer Verhandlungssituation zu erreichen. Auf Grundlage seiner Verhandlungsfähigkeiten gründete Nasher das NASHER-Verhandlungsinstitut und schult dabei Unternehmen in wichtigen Verhandlungsfragen. In seinen zahlreichen Bestseller-Werken lässt Jack Nasher außerdem seine Expertise aus der Verhandlungswelt zusammen mit Erkenntnissen aus der Forschung einfließen.

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