Ukraine offen für chinesische Mobilfunkanbieter beim Wiederaufbau
Beim Wiederaufbau der Telekommunikationsinfrastruktur in der von Russland zu Teilen zerstörten Ukraine und dem Ausbau des geplanten 5G-Netzes müsste das Land Aufträge an Bieter mit den niedrigsten Kosten vergeben. Doch die chinesischen Konzerne Huawei und ZTE gelten als umstritten, stellen ein mutmaßliches Sicherheitsrisiko dar und werden von westlichen Ländern wie den USA boykottiert. Rechtfertigen die potenziell niedrigen Kosten für den Wiederaufbau das Risiko der Spionage durch die Volksrepublik China?
Die Ukraine könnte die durch den russischen Angriffskrieg zerstörte Telekommunikationsinfrastruktur auch mithilfe chinesischer Hersteller wie Huawei und ZTE wieder aufbauen. Dies teilte Yegor Dubinsky, stellvertretender Digitalminister der Ukraine, kürzlich dem US-amerikanischen Politmagazin Politico mit. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 habe Russland zielgerichtet rund 4.000 ukrainische Mobilfunkfasten zerstört – laut Dubinsky ein gezielter Angriff auf die Infrastruktur des Landes. Die Telekommunikationsmasten seien essenzielle Kommunikationswege für die zivile Bevölkerung, die militärischen Streitkräfte und die Regierung.
Vor der russischen Invasion unter Wladimir Putin, dem Präsidenten der Russischen Föderation, hatte die Ukraine mit dem landesweiten Ausbau eines 5G-Netzes begonnen, welches nach ursprünglichen Plänen bis 2023 in allen größeren Städten des Landes verfügbar sein sollte. Momentan gibt es allerdings Gespräche mit der Weltbank, um zumindest die 5G-Versorgung essenzieller Sektoren wie der Verteidigung und der Medizin finanzieren zu können. Laut Schätzungen der Weltbank könnte der Aufbau der Telekommunikationsinfrastruktur der Ukraine, zumindest zum aktuellen Stand, mehr als 2,2 Milliarden Euro in Anspruch nehmen.
Übertriebene Paranoia oder ein „Pakt mit dem Teufel“?
Bei besagtem Wiederaufbau würde man, im krassen Gegensatz zu einigen westlichen Staaten wie den Vereinigten Staaten von Amerika, grundsätzlich auch chinesische Mobilfunk- und Telekommunikationsunternehmen in Betracht ziehen, vor allem in Hinblick auf niedrigere Kosten für den Wiederaufbau.
Zwar würde man auch Gespräche mit den USA und ihren Partnern führen, welche die Ukraine zu einem Boykott der umstrittenen Konzerne und Technologien aus China bewegen wollen. Man habe bisher aber weder Huawei noch ZTE auf die schwarze Liste gesetzt – weder die USA noch ihre Partner konnten bisher eindeutige Beweise für von den Chinesen ausgehenden Sicherheitsrisiken vorlegen. Die ukrainische Regierung halte sich allerdings die Option offen, den Einsatz chinesischer Telekommunikationstechnik für den Einsatz auf Staatsebene zu verbieten.
Huawei und ZTE: Ein günstiges Sicherheitsrisiko?
Vor allem die chinesischen Konzerne ZTE und Huawei werden boykottiert, da diese beziehungsweise ihre Produkte und Technologien als erhöhtes Sicherheitsrisiko eingestuft werden. Es besteht die Sorge, dass diese Unternehmen die Infrastruktur von westlichen Ländern für Spionagezwecke nutzen könnten.
Die US-Regierung hat Huawei im Jahr 2019 auf die schwarze Liste gesetzt, welche den Handel mit US-amerikanischen Unternehmen verbietet. Dies hat dazu geführt, dass Huawei seine Produkte und Dienstleistungen in den USA und anderen westlichen Ländern nicht mehr verkaufen darf.
Auch die Europäische Union hat Huawei und ZTE als Sicherheitsrisiko eingestuft. Die EU-Kommission verkündete, keine öffentlichen Aufträge mehr an diese Unternehmen vergeben zu wollen. Beide Konzerne gelten als besonders staatsnah. Sowohl Huawei als auch ZTE sollen eine besonders enge Beziehung zur umstrittenen chinesischen Regierung unter der Kontrolle des Staatspräsidenten Xi Jinping haben und verpflichtet sein, den Anweisungen der Regierung Folge zu leisten – diese hatte in der Vergangenheit schon häufiger demonstriert, dass sie bereit ist, diverse Telekommunikationstechnologie für Spionagezwecke zu missbrauchen.
Beide chinesische Unternehmen setzen zudem auf proprietäre Technologien, welche von ihren westlichen Pendants nicht ohne weiteres überprüft und kontrolliert werden können, was die Bewertung des mutmaßlichen Sicherheitsrisikos, welches von diesen Unternehmen ausgehen soll, signifikant erschwert.
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- Initiator und verantwortlicher Redakteur von tagesblog.de
- Kommunikationswissenschaftler, Journalist
- Jahrgang 1976
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